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Lubjanka
Die Lubjanka ist der inoffizielle Name eines am gleichnamigen Platz in Moskau gelegenen Gebäudes. Von 1920 bis 1991 war es das Hauptquartier, das zentrale Gefängnis und das Archiv des sowjetischen Geheimdienstes in Moskau. Heute beherbergt die Lubjanka den russischen Inlandsgeheimdienst FSB.
Baugeschichte: Das Gebäude wurde in den Jahren 1897/98 als Verwaltungsgebäude der Allgemeinen Russischen Versicherungsgesell-schaft durch den russischen Architekten Aleksandr Wassilijewitsch Iwanow erbaut...
Nutzung ab 1917: Nach der Oktoberrevolution wurde es von Geheimdienstgründer Felix Dserschinski für seine Zentrale beschlagnahmt. Alle seine Nachfolger und ihr Apparat residierten ebenfalls dort. Die Geheimdienstchefs Jeschow und Beria organisierten von ihrem Büro in der dritten Etage der Lubjanka aus die Stalinschen Säuberungen und die vermeintliche Aufdeckung der "Ärzteverschwörung" gegen die russisch-jüdische Elite.
1972 wurde dem Geheimdienst das Haus zu klein und die Abteilung für Auslandsaufklärung zog in einen Neubau in Jassenewo im Südwesten Moskaus. Das Rechenzentrum des FSB (russischer Bundes-Geheimdienst) wurde in den 1990er Jahren in einem Gebäude unmittelbar neben der Lubjanka eingerichtet.
Nach dem Zerfall der Sowjetunion und der damit verbundenen Auflösung des KGB wurde die Lubjanka das Hauptquartier der Grenztruppen Russlands und beherbergte ein Direktorat des neuen Geheimdienstes FSB. Unter Leitung von FSB-Chef Wladimir Putin wurde die Lubjanka 1998 reorganisiert. Er errichtete den Geheimdienstmitarbeitern eine eigene russisch-orthodoxe Kapelle nahe dem Gebäude.
Umgangssprachlich wird der Begriff Lubjanka in Russland auch als Synonym für Unterdrückungsmaßnahmen jeglicher geheimer Regierungsdienststellen verwendet, insbesondere wenn zum Ausdruck gebracht werden soll, eine Person sei heimlich verhaftet worden und seither verschwunden.
Gefängnis: Die Lubjanka verfügt über ausgedehnte Zellentrakte für politische Gefangene. In den Kellerräumen wurden seit 1920 mehrere hunderttausend Menschen verhört und gefoltert. Es war üblich, sie Tag und Nacht nicht schlafen zu lassen. Im Verhör wurden sie beleidigt, verprügelt und mit weiteren Folterungen bedroht. Wer sich weigerte, das Gewünschte auszusagen, wurde im Kerker in einschnürende Handschellen gelegt.
Viele Gefangene starben durch Suizid, viele wurden nach Prozessen ohne Verteidiger in den Kellern der Lubjanka erschossen oder erhängt. Oft wurde auch ohne Prozess exekutiert: Als im Dezember 1941 in der Schlacht um Moskau die Besetzung der Stadt durch die deutsche Wehrmacht drohte, wurden rund 300 inhaftierte, hochrangige sowjetische Offiziere und andere Gefangene, vermutlich auch der KPD-Mitbegründer Hugo Eberlein, in der Lubjanka erschossen, weil es an Transportmitteln für die Evakuierung des Gefängnisses fehlte. Die Keller dämpften alle Geräusche.
In sowjetischer Zeit entstand der Witz: "Was ist das höchste Gebäude der Welt? Lubjanka, von dort aus kann man Sibirien sehen.", als Hinweis auf die Verbannung aus dem Gefängnis in ein sibirisches Gulag.
Die für Hinrichtungen in der Oblast Moskau zuständige Verwaltungseinheit des NKWD, die so genannte Kommandantura, hatte ihren Sitz gleich in der Lubjanka. Sie war nicht nur für Exekutionen in den Kellern des Gebäudes, sondern auch im Butyrka-Gefängnis und auf dem Erschießungsplatz in Butowo zuständig...
Das Gefängnis in der Lubjanka blieb nach dem Zerfall der Sowjetunion 1991 in Betrieb.
Archiv: In der Lubjanka lagert das für die Öffentlichkeit verschlossene Archiv des sowjetischen Geheimdienstes. In großen Tresoren werden Karteien mit den Namen von 50 bis 55 Millionen Personen aufbewahrt. Große Teile der Bestände sollen jedoch nicht mehr existieren: Beim Vormarsch der deutschen Wehrmacht auf Moskau sollen im Oktober 1941 die Unterlagen der WeTscheKa-GPU-NKWD in der Lubjanka verbrannt worden sein. Das Archiv des MGB-MWD soll 1953 ebenfalls vernichtet worden sein.
Unversehrt blieb die Bibliothek, die in der Sowjetunion verbotene Literatur bereithielt. Solschenizyn fand dort Bücher von Dos Passos, Jessenin und Pasternak. 1984 wurde in dem Gebäude ein Geheimdienst-Museum eingerichtet, das die "Heldentaten" der Auslandsaufklärung dokumentiert...