Seit ich pensioniert bin, spiele ich als Vertreter landauf und landab in allerlei Berner Kirchen. Und da bin ich natürlich als ein dem Mammon ergebener
Rentner immer gespannt, was für ein Honorar ich für diese Vertretung erhalten werde. Denn der Synodalrat hat im Februar 2017 die "Empfehlung für
die Anstellung und Besoldung von Organistinnen und Organisten" herausgegeben. Sie können diese Empfehlung
hier Ihrem Computer einverleiben.
Leider ist die Empfehlung ziemlich unklar und vage: Auf Seite 6 steht nämlich, dass ich mit Qualifikation 5 für eine Vertretung Fr. 210 erhalten sollte.
Wenn ich aber Seite 13 studiere, komme ich zum Schluss, dass man mir für eine Vertretung ohne Feiertagsentschädigung und ohne AHV-Abzug (da ich ja
pensioniert bin) 261 Mäuse überweisen müsste ...
sollte ... könnte ... dürfte.
Ich habe mir mal die Mühe gemacht, die Vertreter-Honorare, die ich dieses und letztes Jahr erhalten habe, unter die Lupe zu nehmen und das Ergebnis
grafisch darzustellen. Mit Qualifikation 5 und angesichts meines fort-geschrittenen Alters dürfte ich eigentlich - gemäss den Besoldungsempfehlungen -
den überaus ansehnlichen Batzen von
Fr. 261 erwarten. Wobei noch die Frage ist, ob dieser Betrag wirklich so ansehnlich ist.
DENN für eine seriöse Arbeit rechne ich...
Vorbereitung
Üben
Einspielen vor dem GD
Spiel im GD
1 h
3 h
1 h
1 h
Dazu kommen Reise
spesen. Von der Reise
zeit, die mir jeder Handwerker berechnet, sehe ich vornehm ab. Somit teile ich Fr. 261 durch 6 Stunden
und erhalte als Ergebnis den überwältigenden Stundenlohn von
Fr. 43.50.
Die untenstehende Grafik ist halt cheibe interessant und aufschlussreich.
Wenn ich mir so anschaue, was ich dieses und letztes Jahr an sehr unterschiedlichen Vertreterhonoraren für die immer gleiche Dienstleistung
erhalten habe, muss ich sagen:
Es gibt Kirchgemeinden und
Kirchgemeinden. Das Lustige an den Besoldungsempfehlungen des Synodalrates ist ja eben, dass sie niemanden zu nichts verpflichten
(Man verzeihe die doppelte Negation). Die Kirchgemeinden sind höchstens
gehalten, die Empfehlungen im Rahmen ihrer finanziellen
Möglichkeiten zu befolgen. Einige tun dies, sogar recht üppig (Grosshöchstetten, Sigriswil, Steffisburg, Wichtrach). Andere tun dies nicht.
Was auffällt: Kürzlich sprang ich ich zweimal notfallmässig für einen erkrankten Kollegen ein,
zuerst in Wichtrach, eine Woche später in Thurnen. Beide Male spielte ich vermutlich qualitativ gleich (un)befriedigend; was in der Folge finanziell
herausschaute, sehen Sie unten.
Was auch auffällt: Die grosse und reiche Kirchgemeinde Thun zahlt für eine Abdankung noch weniger
als die kleine Kirchgemeinde Erlenbach im Simmental.
Es ist anzunehmen, dass jede Kirchgemeinde ihr eigenes Organisten-Besoldungs-Szenario anwendet, das sich eben mehr oder weniger an die Empfehlungen
des Synodalrates hält. Zudem weiss ich aus Erfahrung, dass (wieviele?) Kirchgemeinden bei Kasualien (also Trauungen und Abdankungen) einen
einheitlichen Honorar-Durchschnitts-Tarif anwenden, der die Qualifikation - also die Ausbildungsstufe - von Organist und Organistin herzlich wenig bis
gar nicht berücksichtigt.
War bisher die Rede von den
Kirchgemeinden, dürfte es vielleicht ganz unterhaltsam sein, einmal die
Organisten-Besoldungs-Taktik der
Bestattungswesen (kann man "Wesen" überhaupt in die Mehrzahl setzen?)
bzw. Krema-torien der Berner Städte kennenzulernen.