Es ist wieder mal Zeit, ein bisschen über die vergangenen und noch kommenden Tage zu erzählen. Allerlei musikalische Dienstleistungen
waren zu leisten. Konfirmationen, Trauungen, eine Abdankung, Konzerte und dann noch eine musikalische Umrahmung einer oekumenischen Feier liessen
keine Langeweile aufkommen. Dazu kam das viele Reisen und ausgiebiges Üben.
Konfirmationen
In
Erlenbach ist eine Konfirmation von ca. 8 Buben und Mädchen. Die Könfeler singen erstaunlich kräftig und produzieren
sonst noch einiges zum Thema "Heimat". Passend dazu (hoffe ich) spiele ich zu Beginn des Gottesdienstes "Hie bini deheim" von George.
Danach fahre ich ins Unterland. Meine Nichte
Mila ist am Vormittag konfirmiert worden, und das Konf-Essen findet - wie schon
bei Milas Taufe - im Rütihubelbad statt. Bei Suurem Mocke und Kartoffelgratin zelebrieren wir ein richtiges Familiuenfest. Die Stimmung ist
fröhlich und ausgelassen, das Essen super und Mila allerliebst.
Bei regnerischem Wetter fahre ich dann zum Chuderhüsi und schnarche im Auto sicher eine Stunde lang, bevor
ich heim nach Oberwil tuckere.
Auffahrt
Konfirmation in Wimmis. Die Könfeler haben von mir via Pfarrerin vorgängig "Viva la Vida" zum Einzug gewünscht. Auch hier sind die Könfeler produktiv:
Zwei Mädchen spielen mit Flöte und Klarinette "Over the Rainbow", und eine weitere Könfelerin singt lieblich und stimmrein ein dreistrophiges Jodellied.
Alle Achtung!
Dann meldet sich Tochter Yolanda. Zusammen mit Schwiegersohn Ivo und Grosstochter Valentina besuchen sie mich in meiner neuen, schönen und heimeligen
Wohnung in Oberwil. Yolanda meint, da würde sie gerne mal Ferien machen, und Valentina nimmt schon bald von der ganzen Wohnung Besitz.
Freitag nach Auffahrt
Jetzt muss ich einfach mal üben, für Anlässe in Mürren und Wengen! Und so wird dies heute ein LAAANGER Tag!
Zuerst fahre ich mit den ÖV von Oberwil bis Mürren. Eine lange Reise mit mehrmaligem Umsteigen. Ab Interlaken sind unzählige Touristen
zu sehen und zu hören. Asiatische Sprachen umwehen meine Ohren: Indisch, Urdu, Chinesisch, Koreanisch, Japanisch. Ich beginne ein Gespräch mit
meinen pakistanischen Nachbarn. Deren Muttersprache ist Urdu, was beinahe gleich ist wie Hindi, aber halt mit arabischen Buchstaben geschrieben wird.
Später höre ich in der Schilthornbahn einer Chinesin zu, welche ein wunderschönes Mandarin spricht.
Soooo viele Touristen sind schon ziemlich krass! Trotzdem, mir gefällt diese Polyglotterei, zumal ich ohnehin jedermann und jedefrau anquatsche,
um ihre oder seine Muttersprache ausfindig zu machen.
Käthi, die Sigristin von Mürren, ist da und zeigt mir das Nötige, und dann übe ich knapp 2 Stunden für die Trauung von morgen Samstag.
Anschliessend esse ich beim Chinesen Wonton-Suppe und Frühlingsrolle, und fahre dann unter dreimaligem Umsteigen nach Wengen. Dort erwartet mich die
liebe Sarah, die Sigristin, und macht mir einen Kaffee. Dann übe ich etwa 3 Stunden lang Mendelssohn für die oekumenische Feier vom darauffolgenden Montag.
Die Damen und Herren haben den
Hochzeitsmarsch als Eingangsspiel gewünscht, dazu den 3. und 4. Satz aus der c-moll-Sonate.
Ich habe die Leute gewarnt: Der Hochzeitsmarsch töne auf der kleiner Wengener-Orgel (die nicht einmal Zungenregister hat) und in der furztrockenen Akustik
der Kirche ziemlich langweilig. Aber sie wollen ihn, und so sollen sie ihn haben. Am Schluss folgt der lange Heimweg nach Oberwil, den ich mir mit Bier
und Fremdsprachen kurzweiliger gestalte.
Sprachen und Schriften
Ich war schon als Bube interessiert an Sprachen und Dialekten. In Adelboden, wo ich aufwuchs, sprach man in den 1960er-Jahren noch ziemlich urchiges
Adelbodner-Deutsch, und in Habkern (wo ich im Sommer monatelang bei meiner Grossmutter war) ein ebenso urchiges Habcher-Deutsch. Als Kleinkind
plappert man einfach alles nach. Aber irgendwann merkte ich, dass meine beiden Dialekte ziemlich unterschiedlich waren; und als ich dann noch
Trudi Gerster im Sankt-Galler-Dialekt Märchen erzählen hörte, war mein Sprachinteresse voll geweckt.
Später grub ich mal ein Buch meines Vaters aus, in welchem mehrere europäische Sprachen (wenn ich mich recht erinnere: Französisch, Englisch,
Italienisch und Spanisch und vielleicht noch Holländisch) in "Schnellbleichen" vorgestellt. Da lernte ich, italienische und spanische Verben im
Präsens zu konjugieren. Und dann war da noch Pfarrer Schönthal in Habkern, ein liebenswürdiger älterer Herr, der mir seine Altgriechsisch-Grammatikbibel
auslieh. So brachte ich mir das griechische Alphabet bei und lernte nebenbei die altgriechische Konjugation und Deklination kennen.
Im Lexikon meines Vaters entdeckte ich ein altes Runen-Alphabet; das lernte ich auswendig und hatte alsobald meine erste Geheimschrift. Und Tante
Margrith schenkte mir in der 7. Klasse eine Stenographie-Lehrfibel (Stolze-Schrey). Die Steno übte ich so lange, bis ich einigermassen
fliessend schreiben und lesen konnte. So hatte ich bald meine zweite Geheimschrift.
Dann kam der Sprachunterricht in den Schulen: Deutsch (in der 5. Klasse brachte uns der Lehrer die vier Fälle der Deklination mit Geschick bei),
Französisch, Englisch, Latein, Altgriechisch, einige Lektionen Italienisch und Hebräisch. Kein Wunder also, dass ich zeitlebens ein Sprachenfan
war und bin.
* * * * * * *
Und jetzt wieder zurück zum Samstag nach Auffahrt. In Mürren höre ich, wie eine dreiköpfige (Mutter, Vater, Tochter) eine ans Chinesisch erinnernde
Sprache spricht. Zuerst sind diese Toristen befremdet, als ich sie anspreche. Aber schon bald "finden" wir uns, und die Familie erzählt mir,
sie komme aus Taiwan. DESHALB also das für mich ungewohnt klingende Chinesisch. Denn die Chinesen haben halt mi-Seel-u-mi-Tüüri auch jede Menge
Dialekte. Und ich bin mächtig stolz auf mich, dass ich "gemerkt" habe, dass diese Familie nicht das offizielle "Hochchinesisch" (deutsch "Mandarin",
chinesisch "Putonghua") spricht.
Dann, später, im Zug von Wengen nach Lauterbrunnen, da spricht eine junge Asiatin mit einer etwa 40-jährigen Dame in einer "chinesisch-ähnlichen" Sprache.
Ich kann das Kauderwelsch einfach nicht einordnen, zumal die junge Asiatin sich umwendet und mit einer noch jüngeren Asiatin "normales" Mandarin spricht.
Es stellt sich dann heraus, dass sie mit der Dame
kantonesisch und dann mit dem Mädchen
Mandarin gesprochen habe.
Sowohl mit der taiwanesischen Familie wie mit der Gruppe im Zug entwickelte sich dann ein kurzweiliges "Palaver", ein wenig auf Mandarin, zum grösseren
Teil auf Englisch.
* * * * * * *
Ich habe in meinem ziemlich langen Leben schon viele Sprachen ein wenig gelernt (Russisch, Arabisch, Mandarin) oder daran geschnuppert (Schwedisch,
Indonesisch, Farsi, Neugriechisch) und dabei mit Freude festgestellt, dass die Leute immer entzückt und hoch erfreut sind, wenn Du sie in ihrer
Muttersprache ansprichst. Da reichen schon einige Ausdrücke wie "Guten Tag" oder "Wie geht's?" oder "Danke", und die Herzen fliegen Dir nur so zu!
Samstag nach Auffahrt
Mit dem ÖV fahre ich wieder nach Mürren zur Trauung. Er ist Portugiese, sie ist Schweizerin, und so findet sich in und vor der Kirche eine muntere
Schar ein. Das Brautpaar hat auf meiner Homepage herumgenascht und mir einige Wunschstücke gemailt. Der Alphornbläser
Sami Hess
wirkt auch noch mit, und so ist dann der Ablauf:
Einzug Braut mit Eingangsmusik aus "Star Wars"
Gruss- und Eingangswort, Begrüssung (dt./port.)
Gemeindelied: RG 233, 1-3 (Nun danket alle Gott)
Gebet
Lied: RG 247, 1-3 (Grosser Gott, wir loben dich)
Verkündigung
Lesung Sir 26, 1-4.16-21 auf Portugiesisch
Musik: Alphorn
Predigttext und Predigt zu Lk 11, 9-10
Musik: Ave Maria
Trauung
Trauansprache (Einleitung)
Trauversprechen, Ja-Wort (zuerst ..., dann ...)
Ringetausch mit Gebet (gebracht durch Ariana & Sébastien)
Segen, Kuss
Unterschriften
Dazu Musik: Hallelujah (Cohen)
Fürbitte
Fürbittegebet und gemeinsames Unser Vater
Musik: Alphorn
Übergabe der Traubibel
Sendung
Kollekte, Dank und Mitteilungen
Schlusslied: RG 334 (Dona nobis pacem)
Sendungswort und Segen
Ausgangsmusik: Air
Das Brautpaar schickte mir netterweise bald darauf ein Email...
Sehr geehrter Herr Aellig!!
Vielen Dank für das tolle Orgelspiel an unserer Hochzeit!!! Der Einzug war super.
Wollte Sie noch zum Apero einladen, aber weil es zu regnen begann, pressierten wir mit den Fotos. Sorry!!
Sie bekommen dann im Sommer noch Post von uns! Könnten Sie mir dafür bitte Ihre Adresse mailen! Danke!
Mit bestem Dank und freundlichen Grüssen
...
Sonntag vor Pfingsten
In Wimmis ist nochmals Konfirmation mit demselben Ablauf wie an Auffahrt. Und am späteren Nachmittag spiele ich in der Kirche Wimmis
vor zählbarem Publikum konzertmässig
Ländlermusik und Jodellieder. Nach dem Konzert begeben wir uns ins Restaurant
"Kreuz" in Wimmis. Wir sind eine lustige Gruppe: Martina, Yolanda mit Ivo und Valentina, Manuela vom Stechelberg mit ihren Eltern,
die Alphornbläserin Anita und ich. Valentina sitzt oben am Tisch aufm Babystühlchen und unterhält die ganze Runde mit ihrem Lachen und
ihrer Fröhlichkeit. Das Essen ist wie immer wunderbar: Äs Griässsüppli, Entrecôte, Pomes frites mit viel Kräuterbutter, Fischnknusperli mit Salat,
Gemüseteller, Panierte Schnitzel - einfach köstlich!
Montag vor Pfingsten
In Wengen findet seit Tagen eine
ökumenische Konferenz statt. Verschiedene jüdische und christliche Gruppen sind
zusammengekommen und pflegen den Dialog. Wie ich Viertel nach Zehn bei der Kirche ankomme, sehe ich eine grosse Menge Gipfeli essen
und Kaffee trinken. Einer der Organisatoren empfiehlt mir, möglichst bald mit dem "Hochzeitsmarsch" zu beginnen. Ich renne also auf die Empore,
packe Noten und Schuhe aus, öffne den Spieltisch und beginnen zu spielen.
Die Leute dislozieren unter lautem Schwatzen langsam in die Kirche. Es hört niemand zu, und "mein" Hochzeits-marsch wird so zum Scherzkeks.
Ein Rabbi aus Texas spricht anschliessend sehr lange und meint zu Beginn trocken:
"Musik kann emotional berühren und zu lautem Palaver anregen. Sie kann aber auch berühren und zum stillen Zuhören anregen.
Ich empfehle Ihnen, bei der nächsten Konferenz sich auf die zweite Art berühren zu lassen."
Dann spricht der Rabbi (immer auf englisch) übers Judentum, über Jesus, übers Christentum, über seine Vorfahren (ursprünglich aus Polen). Er beschreibt
den jüdischen Humor und erzählt eine Geschichte:
Ein Rabbi war alt und lebenssatt. Er fühlte sein Ende nahen. Da lag er also auf dem Sterbebett und wartete auf den Tod. Rahel, seine Frau, sass
bei ihm, und sie unterhielten sich lange über ihre gemeinsame Zeit. Allmählich wehte ein köstlicher Duft aus der Küche ins Sterbezimmer, und der Rabbi
fragte: "Was riecht denn da so fein?" Seine Frau antwortete: "Ich habe vor einigen Minuten einen Apfelstrudel aus dem Ofen geholt."
Dann ging seine Frau hinaus, und Ruth, seine Grosstochter kam ins Zimmer. Sie wollte sich von ihrem Grossvater verabschieden. Sie sprachen kurz miteinander,
dann bat der Rabbi Ruth: "Bitte gehe doch in die Küche, und sage meiner Frau, sie solle mir doch bitte ein Stückchen Apfelstrudel bringen. Ich
möchte so gerne noch etwas Feiens essen, bevor ich sterbe!"
Ruth ging also hinaus und sagte zu Rahel: "Bevor mein Grossvater stirbt, hätte er so gerne noch ein Stück Apfelstrudel." Da erwiderte Ruth, die Frau
des Rabbi: "Oh, das kommt leider nicht in Frage. Der Apfelstrudel ist für den Leichenschmaus vorgesehen."
Später
Es gäbe noch viel zu erzählen...
... an Pfingsten Gottesdienst in Walkringen mit Taufe, Jodlerklub, Abendmahl. Mit der Sigristin wette ich um einen Schoggistengel, dass der
GD nicht länger als 90 Minuten dauert; die Sigristin gewinnt.
... ebenso an Pfingsten Mittagessen mit Sänger und Organist
Martin Geiser (wunderbares Rinds-Tartar im Löwen zu Oberburg).
... danach Besichtigung der Orgel in der Kirche Oberburg. Danach Mittagsschläfchen an einem schattigen Platz im Auto. Danach 2-stündiges Üben
in der Kirche Oberburg.
...Konzertchen in Oberburg anlässlich der
Langen Nacht der Kirchen. Anschliessend (um 22 Uhr!) Taizé-Gottesdienst